Der zerbrochne Krug
von Heinrich von Kleist
Regie: Christa Nachs
Dramaturgie: Kristina Kühne | Bühnenbild: Yara Blank | Kostüme: Petra Berenfänger
Mit: Leonie Gareis , Egmont Stawinoga, Verena Leenders, Pascal Scurk.
Gerichtstag in Huisum Ende des 17. Jahrhunderts. Klägerin Marthe Rull bezichtigt den Verlobten ihrer Tochter Eve, bei einem nächtlichen Besuch in deren Zimmer einen Krug zerbrochen zu haben. Der Angeklagte bestreitet die Tat vehement und für Eve steht weit mehr als ihre Ehre auf dem Spiel. Dorfrichter Adam aber scheint verdächtig stark interessiert an einer schnellen Verurteilung… In einem turbulenten Indizienprozess stolpert ein feister Richter über seinen Amts- und Machtmissbrauch. Das ist urkomisch. Zugleich schwelt in Kleists Lustspiel eine Tragödie, die sich im wahren Leben bis heute abspielt.
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Kritiken
Kölnische Rundschau, Dienstag, 28.Januar 2025. Kritik zu "Der zerbrochne Krug" von Thomas Linden:"In Heinrich von Kleinst Lustspiel werden gleich zwei Verbrechen angeprangert: Die Belästigung einer jungen Frau und der Versuch eines Richters, das Recht zu beugen. Kaum ein Theaterstück könnte aktueller sein."
... "Christa Nachs hat die richtige Wahl für ihre Produktion im Horizont Theater getroffen. "
... "Leonie Gareis beherrscht als geschundene Eve die leisen Momente"
... "Verena Leenders gibt Eves empörte Mutter mit donnernden Temperament, Pascal Scurk darf den Gerichtsschreiber mit hinterhältiger Schleimspur spielen. Egmont Stawinoga besitzt die ideale Statur für den autoritären Dorfrichter Adam."
Der Mensch als Scherbe | choices - Kultur. Kino. Köln.
Der Mensch als Scherbe
10. März 2025
„Der zerbrochene Krug“ am Horizont Theater – Theater am Rhein 03/25 | von Thomas Dahl
Im Jahr 1808 noch als Lustspiel tituliert, sollte der wahre Charakter von Heinrich von Kleists (1777-1811) bekanntestem Drama mittlerweile so offensichtlich zu Tage treten wie ein Scherbenmeer, das an seinen Kanten frisches Blut trägt. In „Der zerbrochene Krug“ wird Eve vom Dorfrichter Adam vergewaltigt. Unter dem Versprechen, ihren Verlobten Ruprecht vom Militärdienst und somit vom drohenden Kriegseinzug zu befreien, gewinnt Adam zunächst das Vertrauen der jungen Frau und verschafft sich schließlich unter falschen Angaben Zugang zu deren Kammer. Im Zuge der Selbstverteidigung des Mädchens geht ein Gefäß zu Bruch. Mehrere Zeugen hören den Tumult und beobachten die Flucht eines Mannes durchs Fenster, der fälschlicherweise für Ruprecht gehalten wird. Erst im Zuge einer Klage um das beschädigte Beweisstück kommt die Wahrheit ans Licht. Bis dahin wird das Opfer von der Gesellschaft als Metze, also Hure, bezeichnet.
Was macht Christa Nachs aus Kleists realistischem Plot? Vor allem lässt die Regisseurin keinen Zweifel an dem Verbrechen, das der Story zugrunde liegt. Ohne Ablenkungen, etwa durch opulente Bühnenbilder, Verkleidungsorgien oder KI setzt Nachs auf die bare Ausdruckskraft ihres Ensembles um Leonie Gareis (Eve, Frau Gerichtsrat Walter), Egmont Stawinoga (Dorfrichter Adam), Verena Leenders (Marthe Rull, Frau Brigitte, Magd) sowie Pascal Scurk (Ruprecht, Schreiber Licht), die sich über weite Strecken sprachlich an Kleists Manuskript halten. Das dabei mitunter Lacher entstehen, zeugt jedoch eher von der Unsicherheit der Zuschauer:innen, die wie in einem Gerichtssaal das Auf- und Abtreten der Protagonisten beobachten. Auf der Anklagebank sitzt dabei zunächst die falsche Person. Doch auch mit deren Freispruch bleibt die Gerechtigkeit auf der Strecke. Eves Bitten, Flehen und ihre Schmerzensschreie in Anbetracht einer weiteren Vergewaltigung während der Prozesspause hallen als Manifestation des Leides unzähliger Betroffener durch Ämter, Heime, Schulen, Kinderzimmer oder Gotteshäuser. Im Jahr 2025 ist die Gesellschaft immer noch überwiegend patriarchalisch geprägt, kommt es täglich zu subtil-psychischer wie brachial- körperlicher Gewalt gegen Frauen, gehen die Täter nicht selten ungestraft aus, endet das bisschen Menschsein als Scherbe.